Im Folgenden möchte ich in erster Linie Sie als Eltern, aber auch euch als interessierte Jugendliche und junge Erwachsene über die Hintergründe einer Psychotherapie für Kinder und Jugendliche informieren.


Was steckt hinter dem Begriff "Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin"?

Ich bin approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Das bedeutet, dass ich im Anschluss an mein Psychologiestudium eine mehrjährige Ausbildung zur Behandlung psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen absolviert habe. Diese ermöglicht es mir, den durch das Psychotherapeutengesetz staatlich geschützten Titel „Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin“ zu führen. Ich darf somit Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene bis zum 21. Lebensjahr psychotherapeutisch behandeln. Zudem bin ich berechtigt, Psychotherapien mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen, da ich einen Kassensitz erworben habe.


Welche Therapien bezahlt die Krankenkasse?

Die Krankenkassen bezahlen nur wissenschaftlich anerkannte und wirtschaftliche Psychotherapieverfahren. Hierzu zählen die Verhaltenstherapie, die Analytische Psychotherapie und die Tiefenpsychotherapie. Diese werden als Richtlinienverfahren bezeichnet.Ich verfüge über eine verhaltenstherapeutische Qualifikation.


Was heißt Verhaltenstherapie?

Die Verhaltentherapie entstand in den 1960er Jahren. Der Grundgedanke war, dass Problemverhalten wie „normales“ Verhalten erlernt wird und somit auch „verlernt“ werden kann. Im Laufe der Zeit rückten kognitive Aspekte in den Vordergrund. Neben dem Verhalten werden auch die Gedanken des Patienten in den therapeutischen Prozess einbezogen. Wie man selbst eine Situation interpretiert wirkt sich letztlich darauf aus, wie man sich fühlt. Ebenso wird das Verhalten durch die individuelle Sichtweise beeinflusst. Im Laufe des Lebens erwirbt jeder Mensch unterschiedliche Verhaltens- und Erlebensmuster. Manche davon erweisen sich als nützlich, andere als hinderlich. In der Verhaltenstherapie geht es darum, wenig hilfreiche Verhaltensweisen durch nützliche Alternativen zu ersetzen. Hierbei wird auch an den individuellen Interpretationen und Denkstrukturen gearbeitet. Verhaltenstherapie kann auch als „Hilfe zur Selbsthilfe“ verstanden werden. Das in den Therapiesitzungen Erarbeitete soll vom Patienten in Form von Übungen in den Alltag übertragen werden. Die Eltern spielen dabei oft eine co-therapeutische Rolle.


Wie läuft eine Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen ab?

Seit dem 01.04.2017 ist es Pflicht, vor der Aufnahme einer Psychotherapie eine psychotherapeutische Sprechstunde besucht zu haben. Diese dient zunächst der diagnostischen Abklärung. Der Therapeut soll sich einen ersten Eindruck über die Problematik verschaffen und beurteilen, ob es sich um eine behandlungsbedürftige Symptomatik handelt. Jedem Patienten stehen je nach Notwendigkeit bis zu fünf Sprechstunden à 50 Minuten zu. Wird als Empfehlung eine psychotherapeutische Behandlung ausgesprochen, steht es dem Patienten frei, sich bei dem Therapeuten, bei dem er die Sprechstunde wahrgenommen hat, auf die Warteliste setzen zu lassen bzw. eine Therapie zu beginnen oder sich nach einem anderen Therapeuten umzusehen.

Im Anschluss an die Sprechstunde(n) finden zwei bis sechs sogenannte probatorische Sitzungen statt. Diese dienen zum einen dem Kennenlernen. Es wird geschaut, ob „die Chemie stimmt“. Zum anderen soll aber auch eine weitere diagnostische Abklärung erfolgen. Gemeinsam wird ein erstes Störungsmodell erarbeitet. D.h. es wird eine Theorie über die Entstehung und Aufrechterhaltung der Problematik entwickelt. Abschließend werden individuelle Behandlungsziele definiert.

Daraufhin kann eine Kurzzeittherapie (12 – 24 Sitzungen) oder eine Langzeittherapie (60 – 80 Sitzungen) bei der Krankenkasse beantragt werden. Welches Stundenkontingent für den jeweiligen Patienten sinnvoll und notwendig ist, wird individuell und in Abhängigkeit von u.a. der Motivation und der Ausprägung der Symptomatik entschieden. Im Anschluss an eine Kurzzeittherapie besteht die Möglichkeit, diese in eine Langzeittherapie umzuwandeln, sofern dies notwendig erscheint. In die Behandlung von Kindern und Jugendlichen werden in der Regel relevante Bezugspersonen eingebunden. Regelmäßige Termine mit diesen stellen einen wichtigen Baustein in der Verhaltenstherapie statt. Neben den Eltern können beispielsweise auch Lehrer, Erzieher oder Vor-/Mitbehandler hinzugezogen werden.